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Geschiebe des Jahres 2023

Sedimentärgeschiebe 2023

Sternberger Gestein 

 Kristallingeschiebe 2023

Brauner Ostseequarzporhyr 

 

Brauner Ostsee-Quarzporphyr

Kristallines Geschiebe des Jahres 2023

Text von  Matthias Bräunlich (kristallin.de)

Der Braune Ostsee-Quarzporphyr steht am Boden der Ostsee an und wird nur als Geschiebe gefunden. Sein Vorkommen liegt nördlich von Gotland und südlich bzw. südöstlich von Stockholm. Die Erstbeschreibung erfolgte 1894 durch Herman Hedström [2].
Braune Ostsee-Quarzporphyre werden meist nur als kleine Geschiebe gefunden, die selten größer als etwa 20 cm sind. Das Gestein zeichnet sich durch eine braune, braungraue oder rötlichbraune und dichte Grundmasse aus, die viele Feldspäte enthält. Diese sind oft nur wenige Millimeter groß und zeigen unterschiedliche Formen. Eigengestaltige (idiomorphe) Kristalle findet man nur gelegentlich. Die meisten Feldspäte sind mehr oder weniger einheitlich hellbraun bis schwach gelblich, vereinzelt gibt es außerdem noch blass-rötliche Einsprenglinge (Abb. A, D). Enthält der Porphyr neben hellen Feldspäten auch viele rote Einsprenglinge, besteht die Möglichkeit der Verwechselung mit Bottensee-Porphyren.

Typisch für den Braunen Ostsee-Quarzporphyr sind viele kleine Vertiefungen in der Oberfläche als Folge der Verwitterung schwarzgrünlicher Minerale. Nach aktuellem Stand ist die löchrige Oberfläche (Abb. C) ein sicheres Erkennungsmerkmal.
Bottensee-Porphyre dagegen sind härter und haben eine glatte Oberfläche ohne Vertiefungen.

Brauner Ostsee-Quarzporphyr enthält immer Quarz, der an der Oberfläche durch mechanische Beschädigungen oft weiß aussieht. Unbeschädigte Quarze sind grau bis rauchgrau, teils kantig, teils rundlich und zeigen oft deutliche Korrosionsspuren in Form kleiner Löcher oder schlauchartiger Einbuchtungen, die mit Grundmasse gefüllt sind. Viele Quarze sind kaum 1 mm groß und nur mit einer Lupe gut erkennbar. Manche Quarze können bis zu 4 Millimeter groß werden, nur sehr selten noch größer. So große Quarze sind immer durch magmatische Korrosion gerundet. Verglichen mit den vielen Feldspäten machen die Quarze immer nur einen sehr kleinen Teil des Gesteins aus.
Manche der Braunen Ostsee-Quarzporphyre enthalten dunkelgraue, feinkörnige Einschlüsse eines vermutlich mafischen Gesteins. Diese Einschlüsse sind zwischen einigen Millimetern und einigen Zentimetern groß und kommen in Bottensee-Porphyren nicht vor (Abb. D).

Das Alter des Braunen Ostsee-Quarzporphyrs beträgt 1573 + 14 Ma [5]. Etwa zur gleichen Zeit bildeten sich diverse skandinavische Rapakiwiplutone, insbesondere Nordingrå, Åland, Laitila/Vehmaa, Kökarsfjärden, Nordbaltischer Pluton und Rigapluton. Da der Braune Ostsee-Quarzporphyr auch die für Rapakiwis typische chemische Signatur besitzt, kann man ihn als Vulkanit eines noch weitgehend unbekannten Rapakiwivorkommens in der Ostsee betrachten.

Doppelgänger:

Es gibt ähnliche Porphyre in der Bottensee nördlich von Åland, deren Abgrenzung zum Braunen Ostsee-Quarzporphyr bisher nur unzulänglich untersucht ist (Stand 2022). Um unsere Kenntnisse zu verbessern, müssen die Gefügevarianten der Braunen Ostsee-Quarzporphyre besser beschrieben werden. Das betrifft vor allem die Feldspäte und auch die hin und wieder enthaltenen kleinen Quarze mit einem Saum. Gesäumte Quarze gibt es in manchen Braunen Ostsee-Quarzporphyren ebenso wie in einigen Bottensee-Porphyren und es ist unklar, ob sich beide Porphyre in diesem Punkt unterscheiden lassen. 

Die Beschreibung der Braunen Ostsee-Quarzporphyre kann nur durch eine genaue Untersuchung der Geschiebe auf Gotland verbessert werden. Geschiebefunde südlich der Ostsee sind dafür ungeeignet, weil beide Porphyre hier immer schon miteinander vermischt sind.

Die für einen Vergleich nötige Dokumentation der Bottensee-Porphyre ist in Vorbereitung.

Mehr zum Braunen Ostsee-Quarzporphyr auf kristallin.de.

C: Brauner Ostsee-Quarzporphyr

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C: Ausgewitterte dunkle Minerale erzeugen eine löchrige Oberfläche, die ein wichtiges Erkennungsmerkmal darstellt.

Alle Proben sind Geschiebe von Gotland, die von Herrn Kutscher besorgt wurden, dem ich ausdrücklich dafür danke.

Literatur

[1] Cohen E & Deecke W 1897: Über Geschiebe aus Neu-Vorpommern und Rügen. Erste Fortsetzung. Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Neu-Vorpommern und Rügen zu Greifswald 28

[2] Hedström, Herman 1894: Studier öfver bergarter från morän vid Visby. GFF Bd. 16

[3] Hedström, Herman 1895: Om block af postarkäiska eruptiva Östersjö-bergarter fran Gotska Sandön, Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 17

[4] Hesemann J 1975: Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen – Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen 1975

[5] Kirs et al, 2006: Geochemistry and age of the Baltic Sea brown and red quartz porphyries. Bulletin of the Geological Society of Finland, Special Issue 1, 2006, p. 6

[6] Milthers, V 1933: Leitgeschiebe auf Gotland und Gotska Sandön sowie die Heimat der Ostseeporphyre. Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 55

Matthias Bräunlich, Dezember 2022


Sternberger Gestein

Sedimentärgeschiebe des Jahres 2023

Text von Karina Thiede

Die glaziofluviatilen, oft fossilreichen Lokalgerölle des Sternberger Gesteins mit ihrer ca. 620 Arten umfassenden Fauna sind seit mehr als 300 Jahren Gegenstand von über 130 wissenschaftlichen Publikationen. Schulz untersuchte Zeit seines Lebens dieses Geschiebe und fasste 1972 die Erforschungsgeschichte, Verbreitung und Ausbildung erstmals zusammen. Umgangssprachlich wird das Sternberger Gestein auch als „Sternberger Kuchen“ bezeichnet, aufgrund der Ähnlichkeit mit einem mandelhaltigen Pfefferkuchengebäck. Diese „unter Feinschmeckern der Paläontologie begehrte Delikatesse“ (Schulz 2011) Mecklenburgs repräsentiert einen fossilen Meeresboden, der vor ca. 27–25 Ma Jahren zur Zeit des Oberoligozäns (Eochattium) im Flachwasserbereich der warmen, subtropischen Urnordsee entstanden ist. Dort lagerten sich am Boden abgestorbene Schalen und Gehäuse von Meerestieren, durch Sturmfluten und Gezeitenströmungen zusammengeschwemmt, schichtweise zwischen relativ fossilarmen Sanden ab.

Größere lokale Anreicherungen dieses faziesreichen Geschiebes wurden in den Gebieten um Schwerin, Sternberg und Krakow nachgewiesen, die alle jeweils auf Salzstrukturen aus dem Zechstein im Untergrund zurückzuführen sind. Diese bewirkten die Aufwölbung der darüber liegenden, jüngeren Gesteinsschichten und letztendlich die Abrasion sowie den sekundären Transport durch das Inlandeis der Weichsel-Vereisung und der Schmelzwässer zur Zeit des Pleistozäns.

Bei den Geschieben des Sternberger Gesteins handelt es sich je nach Verwitterungsgrad um hellgraue bis dunkelbraune Feinsandsteine mit sideritisch-kalzitischem Bindemittel meistens von wenigen Zentimeter bis zu 30 cm Größe. Die oft massenhaft in ihnen vorkommenden Mollusken sind lokal durch die Verwitterungsprozesse teilweise oder ganz aufgelöst und nur als Steinkerne noch sichtbar. Vor allem in den Regionen um Parchim, Lübz und Meierstorf konnte die Autorin diese entkalkte Geschiebevariante häufig finden.

Den größten Anteil an der Gesamtfauna haben die Mollusken. Moths bezifferte 2011 ihren Anteil mit 345 Arten. Schulz (2003) bemerkte treffend, dass das Sternberger Gestein zu den artenreichsten Geschieben am Südrand des skandinavischen Inlandeises gehört.

Unter Sammlern sehr beliebt sind neben Helmschnecken (Abb. F) vor allem Funde von Hai und Rochenzähnen. Aber auch Nachweise von Bryozoen, Korallen, Kalkröhrenwürmern, Stachelhäutern, Knochenfischen, Reptilien, Säugetieren (Walfragmente) und sogar erste Vogelknochen (Thiede 2020) sind mittlerweile publiziert. Die Mikrofauna mit Ostrakoden, Foraminiferen und Otolithen ist sehr individuenreich. Einige wenige Blattfossilien von Laubbäumen, Holz und sogar Bernsteineinschlüsse belegen die Pflanzenwelt.

Das Sternberger Gestein wird faziell in vier verschiedene Lithotypen unterteilt, die Kalbe & Obst 2015 neu interpretierten und die den eigenen Beobachtungen der Autorin entsprechen. Gesteine vom Lithotyp 3 sind aufgrund ihrer hohen Fossildichte und Attraktivität in den Sammlungen fast ausschließlich repräsentiert. (Abb. A, C und E).

Suhr & Braasch 1991 deuteten das Sternberger Gestein als Sturmflut-Ablagerung (Tempestit) eines flachen, küstennahen und sich allmählich nach Westen zurückziehenden Oligozänmeeres. Funde vom Lithotyp 2 mit konglomeratischen, unterschiedlich geformten Intrageröll-Einschlüssen sind Belege dafür. In ihnen spiegelt sich eine allochthone Fauna wider mit häufig auftretenden großen Helmschnecken, Haizähnen, Knochenfragmenten und Krebsresten (Abb. B). Dunkelgraue bis braun verwitternde, fossilarme und meist sehr schluffige Geschiebe des Sternberger Gesteins (Lithotyp 1) sind in den Kiestagebauen des Öfteren zu finden, werden aber von den meisten Sammlern selten beachtet. Abb. D zeigt den außergewöhnlichen Fund einer kompletten Krabbe in einem hellbraunen und ansonsten makrofossilleeren Geschiebe vom Lithotyp 1, das dem autochthonen Consrader Gestein ähnelt.

Neue Funde in den vergangenen Jahren erlauben eine Publikation, die einen Überblick gibt über alle Makrofaunengruppen mit gewöhnlichen, seltenen und neuen Arten. Bestehende Bestimmungsliteratur wird für den Sammler zusammengefasst. Dieses Buch ist in Arbeit und wird voraussichtlich in einem Jahr erscheinen.

Abb. A: Mollusken-Zusammenschwemmung zwischen zwei fast fossilleeren Sandsteinschichten, nach Kalbe & Obst 2015 zum Lithotyp 3 gehörend, L = 81 mm, B = 140 mm.

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Literatur

Kalbe J & Obst K 2015 Exkursion E2: Präquartäre Schollen und Lokalgeschiebe zwischen Malchow, Dobbertin und Sternberg, Stop 3: Sternberger Gestein in der Kiesgrube Kobrow; in Tagungsband und Exkursionsführer: 79. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Norddeutscher Geologen, Schriftenreihe des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG) Heft 1/2015: 241-250, Güstrow

Moths H 2011 Seltene Mollusken aus Geschieben des Eochattiums und Neochattiums von Norddeutschland.- Der Geschiebesammler, 44 (1): 3-24, 5 Abb., 6 Taf., Wankendorf.

Rudolph F, Bilz W & Pittermann D 2019 Fossilien an deutschen Küsten: Finden und Bestimmen.- Quelle & Meyer Verlag: 357 S., zahlr. Abb., Wiebelsheim.

Schulz W 1972 Ausbildung und Verbreitung der oberoligozänen „Sternberger Kuchen“ als Lokalgeschiebe.- Ber. Deutsch. Ges. geol. Wiss., A. Geol. Paläont. 17 (1): 119-137, Berlin.

Schulz W 2003 Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler: 507 S., 1 Taf., Schwerin (cw-Verlag).

Schulz W 2011 Streifzüge durch die Geologie des Landes Mecklenburg-Vorpommern.- 3. Auflage, 216 S., zahlr. Abb., Schwerin (cw-Verlag).

Suhr P & R Braasch 1991 Sedimentgefüge und Ablagerungsbereich des „Sternberger Gesteins“.- Wissenschaftliche Beiträge der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald 4/8: 60-65, 1 Taf., 3 Abb., 1 Tab., Greifswald.

Thiede K 2020 Erster Beleg eines Vogelknochenfundes im Sternberger Gestein (Oberoligozän, Eochattium) und weitere Vogelknochen aus der mecklenburgischen Tongrube Malliß (Unteroligozän, Rupelium). Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft Mecklenburg 20 (1): 20-22, 12 Abb., Ludwigslust.

Alle Abb.: Foto & Slg. Thiede/Parchim.