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Geschiebe des Jahres 2020

Die Geschiebe des Jahres 2020 stehen fest! Auf dem Neujahrstreffen der GfG-Sektion Hamburg wurden der Paradoxissimus-Siltstein (sedimentäre Geschiebe) und der Ostsee-Syenitporphyr (kristalline Geschiebe) auserwählt.

 

Ostsee-Syenitporphyr

Kristallines Geschiebe des Jahres 2020

Text und Bilder von Matthias Bräunlich
(kristalline-geschiebe.de und kristallin.de)

Ostsee-Syenitporphyre sind unauffällige, graubraune Gesteine. Sie enthalten rötlich-braune Alkalifeldspäte von 1 bis 5 mm Größe sowie kleine Mandeln, deren Kerne grünlich, schwärzlich oder braun gefärbt sind. Gelegentlich findet man auch kleine Achate im Inneren der Mandeln, die als Ganze meist nur wenige Millimeter klein sind. Zusammen mit den rötlich-braunen Alkalifeldspäten sind die Mandeln das entscheidende Erkennungsmerkmal dieser Porphyre. Quarz fehlt oder kommt nur sehr vereinzelt vor – daher auch die Bezeichnung „Syenitporphyr“.
Die Grundmasse der Ostsee-Syenitporphyre ist oft fleckig und kann feinkörnige Gesteinsbruchstücke enthalten, was zu einem brekzienartigen Aussehen führt. In sehr seltenen Fällen haben Ostsee-Syenitporphyre eine auffällig blaugrünliche Färbung.
Die Erstbeschreibung stammt von Hermann Hedström (1894), der diese Gesteine als Geschiebe auf Gotland fand. Er äußerte schon damals die Vermutung, dass sie am Boden der Ostsee, nördlich von Gotland, anstehen. Deshalb gibt es Ostsee-Syenitporphyre ausschließlich als Geschiebe.

Diese Porphyre sind bisher kaum untersucht und so ist auch unbekannt, wie groß ihr Verbreitungsgebiet ist. Deshalb wären Meldungen über Funde hilfreich, insbesondere von der Ostseeküste der Baltischen Länder. Dort wird es eine nördliche Grenze geben, bis zu der man diese Porphyre finden kann. Ob diese Grenze in Litauen, Lettland oder sogar in Estland liegt, ist unbekannt. Sollte jemand Ostsee-Syenitporphyre in den Baltischen Ländern finden, bittet der Autor um eine Zuschrift. Diese Bitte gilt auch für Funde der blaugrünlichen Varianten, dann unabhängig vom Fundort.

02_Ostsee-Syenitporphyr

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Weitere Abbildungen dieser Gesteine finden Sie demächst auf kristallin.de
Die Email-Adresse für Fundmeldungen lautet: osyp@posteo.de.

Erstbeschreibung in: 

HEDSTRÖM H 1894 Studier öfver bergarter från morän vid Visby.
Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 16: 247-274, 9 Abb., Stockholm.


Paradoxissimus-Siltstein

Sedimentärgeschiebe des Jahres 2020

Text und Bilder von
Rene Hoffmann, Ruhr-Universität Bochum
Johannes Kalbe, Universität Rostock

Der Paradoxissimus-Siltstein wird sehr häufig in Dänemark und Norddeutschland als Geschiebe gefunden (Rudolph 1994). Die Geschiebe sind oft plattig ausgebildet, weißlich bis grau oder grünlich je nach Glaukonitanteil. Oft zeigen sie auf Schichtflächen Schleifmarken und Spurenfossilien. In Lagen angereichert findet man in ihnen Trilobitenschill, seltener auch Hyolithen, Brachiopoden oder Kinneyia-Rippeln (Abb. 1).

Der mittelkambrische Paradoxides-Siltstein wird nach Weidner & Nielsen (2009) biostratigraphisch in die Paradoxides paradoxissimus-Superzone gestellt. Lithostratigraphisch läßt sich diese Superzone in die Borgholm-Formation und die Alum Shale-Formation unterscheiden. Die Borgholm-Formation setzt sich aus drei Untereinheiten zusammen. Die mittlere Einheit, das Äleklinta-Member, entspricht dem Umfang des Lagers des Paradoxissimus-Siltsteins (Nielsen & Schovsbo 2006). Die Sedimente des Äleklinta-Members sind besonders auf Öland mit bis zu 70 m Mächtigkeit im Süden bei Mörbylilla ausgebildet (Martinsson 1974). Im Norden Ölands bei Böda Hamn weisen die Schichten nur noch eine Mächtigkeit von etwa 1 m auf (Weidner & Nielsen 2009). Der obere Abschnitt (ca. 20 cm) des Äleklinta-Members kann konglomeratisch mit Phosphatresten ausgebildet sein (Hadding 1929, Buchholz & Jänicke 2013). Weidner & Nielsen (2009) führen für diesen Teil den inoffiziellen Begriff Mörbylilla Konglomerat ein und stellen das Konglomerat an die Basis des Alum Shale Formation. Bisher sind die Trilobiten Paradoxides paradoxissimus, Ellipsocephalus lejostracus und Parasolenopleura aculeata– alle typisch für die T. gibbus Trilobiten-Biozone – aus diesen Geschieben beschrieben worden. Die Trilobiten sind in diesen Siltsteinen selten, können aber lagenweise (P. paradoxissimus, E. lejostracus) angereichert vorkommen. P. aculeata gilt als absolute Seltenheit und Agnostiden sind mit nur einem Cephalon von Triplagnostus gibbus und einem Pygidium von Acadagnostus fallax in diesen Ablagerungen belegt (Westergård 1946, 1953).

In seiner petrographischen Beschreibung des Paradoxissmus-Siltsteins, der in der älteren Literatur auch als „Tessini-Sandstein“, Paradoxides-Silt- oder -Sandstein beschrieben wurde, gibt Hadding (1929) wichtige Erkennungsmerkmale. So ist der P.-Siltstein sehr dünnlagig (1-2 cm mächtig) – der Großteil der Lagen ist dünner als 4 cm. Die Lagen sind z.T. schiefrig ausgebildet mit feinkörnigem (0.01-0.06 mm, Siltfraktion) Quarz. Immer ist ein geringer Karbonatanteil vorhanden. Karbonatzemente sind oft grobkörniger als die Quarzkomponente. Durch den Glaukonitanteil (Körner ca. 0.03-0.08 mm) ist der P.-Siltstein meist dunkelblau bis grün gefärbt. Einige Schichten können aber frei von Glaukonit sein. Im gesamten Schichtverband kommt kein Phosphorit vor. Weidner & Nielsen (2009) ergänzen die Bandbreite möglicher Ausprägungen für das Äleklinta-Member. Demnach kommen weiße, graue, gelbe, grüne und braune dünnlagige Schiefer-, Silt- und Sandsteinlagen vor. Eine exakte stratigraphische Erfassung und lithologische Beschreibung der Schichtabfolge liegt nach diesen Autoren bis heute nicht vor. Die jüngsten Schichtpakete des Äleklinta Member sind bei den Kliffs von Albrunna und zwischen Äleklinta und Djupvik erschlossen (Martinsson 1965). Die häufig in den Sedimenten vorkommenden Spurenfossilien (Abb. 2) führten auch zur Bezeichnung „Eophyton-Sandstein“ – so erstmalig bei Hadding (1929). Ursprünglich wurde der Begriff „Eophyton-Sandstein“ jedoch für den unterkambrischen Mickwitzia-Sandstein eingeführt (Torell 1868). Beide Geschiebetypen sind durch die häufig in diesen vorkommenden Spurenfossilien und ähnliche Petrographie leicht verwechselbar (Hoffmann & Rudolph 2011). So ist das Spurenfossil Dimorphichnus bisher nur aus den Ablagerungen des mittelkambrischen Äleklinta-Member beschrieben (Abb. 3) und fehlt im unterkambrischen karbonatfreien Mickwitzia-Sandstein. Als Ablagerungsmilieu gibt Hadding (1929) ruhiges Wasser des offen marinen Bereiches an.

Abb1: Tessini Oeland Aeleklinta

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Kinneyia-Rippeln als Beleg für die Existenz von Biomatten im marinen mittelkambischen Ökosystem in dem sich der Paradoxissimus-Siltstein abgelagert hat. Fundort: Äleklinta, Öland, Schweden.

Literatur

Buchholz, A. & Jänicke, K.-D. 2013. Spuren möglicher biogene und anderer sedimentärer Strukturen in einem Geschiebe des Paradoxissimus-Konglomerates von Rügen / Vorpommern. Der Geschiebesammler. 46(4): 125-131. 5 Abbildungen.

Hadding, A. 1929. The pre-Quarternary Sedimentary Rocks of Sweden. III. The Paleozoic and Mesozoic Sandstones of Sweden. Lunds Universitets Arsskrift, N.F., Avd. 2, 25(3): 1-287, 138 Abbildungen.

Hoffmann, R. & Rudolph, F. 2011. Zur Altersstellung des häufig im Geschiebe gefundenen „Eophyton-Sandsteins“. Der Geschiebesammler 44(1): 25-38, 11 Abbildungen.

Martinsson, A. 1965. Aspects of a Middle Cambrian Thanatotope on Öland. Geol. Foren. Forhandl. 85: 181-230, 35 Abbildungen.

Martinsson, A. 1974.The Cambrian of Norden. In: Holland, H.C. (ed.) Lower Palaeozoic Rocks of the World. Volume 2. Cambrian of the British Isles, Norden, and Spitsbergen, 185-283. John Wiley & Sons.

Nielsen, A.T. & Schovsbo, N.H. 2006. Cambrian to basal Ordovician lithostratigraphy in southern Scandinavia. Bulletin oft he Geological Society of Denmark 53: 47-92.

Rudolph, F. 1994. Die Trilobiten der mittelkambrischen Geschiebe. 309 Seiten, Verlag Frank Rudolph, Wankendorf.

Torell, O. 1868. Bidrag till Sparagmitetagens geognosi och paleontologi. Acta Universitatis Lundensis, Lunds Universitets Arsskrift 4(13): 1-40, 3 Tafeln.

Weidner, T.& Nielsen, A.T. 2009. The Middle Cambrian Paradoxides paradoxissimus Superzone on Öland, Sweden. GFF 131(3): 253-268, 17 Abbildungen, 1 Tabelle.

Westergård, A.H. 1946. Agnostidea of the Middle Cambrian of Sweden. Sveriges Geologiska Undersökning C 477: 1-140.

Westergård, A.H. 1953. Non-agnostidean trilobites of the Middle Cambrian of Sweden. III. Sveriges Geologiska Undersökning C 526: 1-58.